Julia Wolf
WALTER NOWAK BLEIBT LIEGEN
Links zu Besprechungen im Fernsehen:
Schweizer Literaturclub
Nicola Steiner, Rüdiger Safranski, Philipp Tingler und – als Gast – der Manager Peter Kurer diskutieren im April über Toni Morrison: «Gott, hilf dem Kind», Adolf Muschg: «Der weisse Freitag», Julia Wolf: «Walter Nowak bleibt liegen» und Ingeborg Bachmann: «Male oscuro». Performance: Michael Fehr
3sat Buchzeit: Neuerscheinungen des Bücher-Frühlings
Gert Scobel diskutiert mit Sandra Kegel, Barbara Vinken und Karin Schumacher unter anderem über Walter Nowak bleibt liegen
Das Literarische Quartett
Ullrich Matthes stellt "Walter Nowak bleibt liegen" vor
Pressestimmen:
„(...) Julia Wolf hat einen schmalen, funkelnden Roman geschrieben (...) Mit großem Einfühlungsvermögen entwirft Julia Wolf das Leben dieses 68-jährigen Mannes, eines für die Bundesrepublik und die Nachkriegsgeneration vermutlich sehr typischen Lebens, das in der Provinz verhaftet blieb, in dem es als höchstes Ziel galt, materiell und beruflich voranzukommen. Dabei gelingt Wolf eine beeindruckende Gratwanderung: Die Geschichte Walter Nowaks entwickelt einen Lesesog, sie wird psychologisch so schlüssig erzählt, dass die Tragik der Figur deutlich wird und einen rührt."
Claudia Voigt, Literatur Spiegel, 17.06.2017
„Julia Wolf erzählt Walter Nowaks Lebensgeschichte komplett als Bewusstseinsstrom des Verletzten, des Kranken, des wahrscheinlich Sterbenden. Rekapitulation, Anklage und Versöhnung verschmelzen in einem typischen Walter-Sound, so verletzlich, vergessen, stolz und unnachgiebig. Walter ist ein Mann, dessen Niedergang und Scheitern man nicht nur schadenfroh mit süffisantem Grinsen verfolgt. Dank Julia Wolfs lebendiger und klischeefreier Charakterzeichnung entsteht ein vieldimensionales Bild nicht nur von Walter selbst, sondern auch von der deutschen Nachkriegsgesellschaft und ihren Anforderungen an jeden Einzelnen. Walter Nowak bleibt liegen erzählt von Entfremdung zwischen Menschen, von Prägung und der Verweigerung, das eigene Lebenskonzept einer Prüfung zu unterziehen. Es ist leicht, über Walter zu urteilen und es ist leicht, Walter zu belächeln für seine Engstirnigkeit. Aber so einfach sollte man es sich nicht machen. Walter ist keine Witzfigur par excellence. Er ist plastischer. Die Befürchtung, die Erzählperspektive könne sich über den längeren Zeitraum der Lektüre abnutzen, hat sich als gänzlich unbegründet erwiesen. Viel eher erzeugt sie einen Sog, der tief hineinzieht in Walters Erleben und Fühlen. Am Ende steht ein so humorvolles wie empathisches Psychogramm eines Mannes, der vielleicht gern wie Elvis gewesen wäre und dann doch nur Walter Nowak wurde."
Sophie Weigand, Literaturen
„Aus der Binnenperspektive heraus formuliert der Roman seine Kritik an männlichen Machtstrukturen. Daraus bezieht er seinen Witz, darauf gründet aber auch die Tragik des Walter Nowak. Dass er der Einzige ist, der sein Scheitern nicht erkennt. Den prekären Zustand, in dem er sich während des Erzählens befindet, fängt die Autorin mit großem sprachlichen Raffinement ein. Aus einer Rhetorik des Halbbewussten heraus entwickelt sie die Erzählsituation. Denn wie ein Ertrinkender klammert sich der schwerverletzte Nowak an das Leben, indem er sich die Ereignisse der vergangenen Tage und Wochen in Erinnerung ruft. Dabei weiten sich die Gedanken zu einem Erinnerungsstrom, der ein ganzes Leben von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart einfängt. Und wie das so ist, wenn man nicht mehr ganz bei Sinnen ist, geraten auch Walter Nowak die Sätze nicht mehr vollständig, alles spielt sich im beinahe Bewusstlosen ab.
Deshalb stechen auch die Farben im Text so heraus. Es sind dies die Sinnesreize, die bis zuletzt eindrücklich bleiben: Die blaue Tiefe des Wassers, der rosafarbene Badeanzug, die roten Augenränder, aber auch der Schwindel in der Höhe eines Lastenkorbs oder die Musik von Elvis Presley formen die impressionistischen Konturen des Romans. Interessant dabei ist, dass nicht nur historische Momente in den Blick genommen werden – den Streit um die Umbenennung des Elvis-Presley-Platzes in Friedberg etwa hat es wirklich gegeben. Der Text ist außerdem durchzogen von mythologischen Anspielungen, allen voran dem Narziss-Mythos. Nowak ist nicht nur ein ganz auf sich selbst fokussierter Mann, er folgt außerdem, wenn er zuerst ins Wasser und später in den Spiegel blickt, den Blickbewegungen in Ovids „Metamorphosen“. Die ikonographische Folie, auf der „Walter Nowak bleibt liegen“ operiert, ist eine biblische Szene: Wie bei Susanna im Bade haben wir es hier mit einem Alten zu tun, der die Augen nicht abwenden kann von der jungen Frau.“
Sandra Kegel, FAZ, 6. April 2017
„Julia Wolf bürdet ihrem Nowak viel auf, aber ihr tragikomisches Psychogramm bleibt stets glaubwürdig. Typen wie Walter Nowak gibt es, jeder kennt so einen, sei es aus der Familie dem Bekanntenkreis oder unter den Arbeitskollegen. Bis zum Schluss bleibt Walter Nowak einer dieser eher unsympathischen Kerle, mit denen man nicht zu tun haben will und mit denen man nichts gemein hat, aber man kommt ihm näher, man beginnt ihn zu verstehen und schließt ihn ein auch wenig in sein Herz.“
Jochen Kienbaum, lustauflesen, 21. April 2017
„Die große Kunst von Julia Wolf besteht darin, dass sie uns all dies und noch zahlreiche weitere, oftmals witzige Details auf nur 159 Seiten erzählen kann. Das gelingt ihr, indem sie häufig mehrere Geschichten durch ein assoziatives Erzählen miteinander bündelt und parallel laufen lässt. So bezieht sich das Liegenbleiben des Walter Nowak beispielsweise nicht nur auf das morgendliche Liegenbleiben nach acht Uhr, sondern auch auf seinen Sturz im Schwimmbad, auf Yvonne und damit verbunden auch auf Olga. Die Perspektive bleibt dabei streng auf Walter Nowaks Kopf beschränkt, aber darin springen die Gedanken kreuz und quer, die Zeitebenen verschwimmen, Sätze werden noch im Entstehen begriffen unterbrochen. (...) In jedem großen Roman steckt häufig ein kleiner, der dasselbe auf weniger Seiten hätte transportieren können. Mit nur 159 Seiten widersetzt sich Julia Wolf dem Trend tausendseitige Romane zu verfassen und verkörpert in gewisser Weise das Gegenteil der Great American Novel."
pinkmitglitzer 3. April 2017
„Es erstaunt, wie viele Themen Julia Wolf in einem Roman behandelt, der nur 160 Seiten umfasst – und wie facettenreich und einfühlsam ihr das gelingt. Walter Nowak bleibt liegen ist gleichzeitig die Geschichte einer gescheiterten Ehe, einer schwierigen Vater-Sohn-Beziehung und einer Liebe zwischen einer jüngeren Frau und einem älteren Mann, ist aber auch die Pathographie eines Krebspatienten und eine Erzählung darüber, wie der ehemalige Chef einer erfolgreichen Hochbaufirma die Kontrolle über seine eigene Kaffeemaschine verliert. Und in all diesen Bereichen überzeugt das Buch auf ganzer Linie.
Julian Ingelmann, literaturkritik.de, April 2017
Pressestimmen zu „Walter Nowak bleibt liegen" im Rahmen des Bachmannwettbewerbs:
„Es gab überraschend viele Texte, in denen junge Autorinnen die Perspektive alter Männer nachzeichneten. Am eindrucksvollsten gelang das Julia Wolf mit der Erzählung Walter Nowak bleibt liegen. Ihr Held rekapitulierte wie es dazu kam, dass er im Schwimmbecken mit voller Wucht gegen den Rand geschwommen ist nun reglos auf dem Boden seines Badezimmers liegt. Traurig ist das und großartig entwickelt, die Autorin registriert teilnehmend, aber mit kühlem Blick das Sterben eines Alphatiers.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Der Beitrag von Julia Wolf bewegte sich auf einen schon viel beackerten Feld: dem von Alter und Verfall. In Walter Nowak bleibt liegen tat sie das virtuos. Es gehört neben Können auch Mut dazu, für ein alltägliches, quasi überzeitliches Thema die ideale Form zu suchen.“ Die Welt
„Schön, ungewöhnlich erzählt.“ taz
„Julia Wolfs vorzüglich gearbeiteter Romanauszug Walter Nowak bleibt liegen ist eine intensive, feinziselierte, schön gemeine Annäherung an das Gefühlsleben eines Mannes, der in seinen Siebzigern in die Midlifecrisis gerät.“ Frankfurter Rundschau
„Walter Nowak bleibt liegen' zeichnet sich durch sprachliche und stilistische Präzision aus.“ Die Presse
„Die Sprache ist nicht überladen, die Erinnerungsszenen sind stark erzählt und zugleich leicht melancholisch verschattet: Das funktioniert.“ Deutschlandradio Kultur
„Julia Wolf geht es um Wichtiges, sie verzettelt sich nicht, gräbt tief und noch tiefer, um an Stellen einer Biografie zu geraten, in denen das Schmerzfeuer lodert. Sie arbeitet intensiv, bisweilen gar wagemutig an der Sprache.“ Salzburger Nachrichten
Stimmen der Jury:
„Ein Bewusstseinskraulen mit verzockter Wende: Wir haben es mit einem ganz starken Text zu tun, der von seiner sprachlichen Finesse lebt und sich in seiner literarischen Qualität weit über das Mittelfeld heraushebt. Die Sprache hat einen Drive, wellenartige Bewegungen, kraftvolle Kraulzüge [...] auf kunstvolle Weise werden hier ganz viele Motive verschachtelt. Eine großartige Männerstudie.“ Sandra Kegel
„Mich hat dieser fein gearbeitete Text sehr beeindruckt. Ein Text über das Vergehen der Zeit, der uns in monologischer Form in die Innenwelt eines älteren Mannes führt, der den Kampf mit dem blonden Hai und gegen sich selber zu verlieren droht. (...) Überraschend und zeitgenössisch.“ Stefan Gmünder
„Mit diesem Text gewinnen wir [die Jury] sicheres Terrain zurück. Er kommt aus der Tradition des inneren Sprechens heraus, und es ist nicht zu gewagt, Arthur Schnitzler ins Gespräch zu bringen. Die Form trägt – und man kann sich erwarten, dass sie nicht nur in dem kurzen Stück trägt, das wir gehört haben, sondern in dem ganzen Roman, in das es eingebaut ist. Dieser Text hätte auch schon vor 25 Jahren beim Bachmann-Preis gelesen werden können, hätte vor 25 Jahren schon einen Preis verdient und der große Vorteil ist, er kann auch noch in 25 Jahren gelesen werden. Es ist gute Literatur.“ Klaus Kastberger
„Ein perfekter Vortrag, der allerbeste bisher. Er schafft Aufmerksamkeit, er ist nirgends langweilig.“ Klaus Kastberger
„Die Badekappe wird hier zum Filter von Wirklichkeit, zum Medium. Julia Wolf schafft es, aus dem Wasser und der nahenden Ohnmacht heraus eine Rede über ein ganzes Leben und eine Hoffnung zu führen. Ein Text, der immer tiefer, immer komplexer, immer differenzierter wird, der Genderprobleme und Grundprobleme der verschiedenen Geschlechtsperspektiven zu seiner Sache macht, nicht nur thematisch, sondern auch in seiner Textur. Ich finde ihn groß-ar-tig.“ Hubert Winkels
Bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2016 wurde ein Auszug aus „Walter Nowak bleibt liegen“ mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet. HIER finden Sie eine Aufnahme der Lesung sowie der Jurydiskussion. Der Roman erhielt den Nicolas-Born-Debütpreis 2017 und war für den Deutschen Buchpreis 2017 nominiert.
Jeden Tag schwimmt Walter Nowak seine Bahnen im Freibad. Eines Morgen bringt eine Begegnung ihn aus dem Konzept, mit fatalen Folgen: Walter findet sich der Länge nach ausgestreckt auf dem Boden seines Badezimmers wieder, bewegungsunfähig und auf sich allein gestellt. »Von nun an geht es abwärts, immer abwärts«, schießt es ihm durch den Kopf. Zunehmend verliert er die Kontrolle. Gedankenfetzen, Bilder aus der Vergangenheit stürzen auf ihn ein: das Weihnachtsfest mit seiner ersten Frau Gisela, ihr Schweinebraten, ihre Tränen; der Blick seines Sohnes Felix, als er von der Trennung erfährt; Erinnerungen an seine eigene Kindheit als unehelicher Sohn eines GIs; und, vor kurzem, die Diagnose seiner Ärztin. Während nach und nach alles vor seinen Augen verschwimmt, ziehen seine Gedanken immer engere Kreise, nähern sich einem verborgenen Zentrum, dem Anfang, dem Ende ... Als das Hitzegewitter endlich losbricht, steht plötzlich sein Sohn Felix vor der Tür.
Mit verblüffender erzählerischer Souveränität und großer Empathie zeichnet Julia Wolf in ihrem zweiten Roman ein eindrückliches Männerporträt: Walter Nowak, Kind der Nachkriegszeit, steht an einem Scheidepunkt. Seinem Gedankenstrom folgend macht der Leser eine faszinierende Reise in die menschliche Psyche.
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